KUPI - der Psychiater

© Gerlinde Pauschenwein 

 

Trotz negativer Erfahrung loggte ich mich wieder in der Singlebörse ein und scrollte mich durch mittlerweile 50 zugesandte Profile. Ich stolperte über den Slogan: GEIST-EROS-KULTUR: KUPI-Arzt, Uniprofessor, mit Vorliebe für Musik und Literatur wünscht sinnlich phantasievolle, schlanke Frau, nicht älter als 35 mit makellosem Körper. Melde Dich, ich liebe all die schönen Dinge, die nur zu zweit Sinn ergeben!

Dieses Profil war ungewöhnlich. Niemand outet im Internet den Beruf, die Altersangabe 59 stimmte sicher nicht, wahrscheinlich hatte er die 60 weit überschritten.

Ich gebe hier sinngemäß gekürzt den über 2 Wochen geführten Mailkontakt wieder, zu einem Treffen kam es nicht. Verehrter Kupi, hat in Ihrem Weltbild eine junggebliebene sinnliche 50Jährige mit Herz und Geist bei Ihnen keine Chance ? Jede Frau mit viel Sinn für Erotik hat Chancen. Da ich gebunden bin, suche ich nicht, sondern lasse mich für eine prickelnde, unverbindliche Affäre finden. Die Auseinandersetzung mit einem Menschen ist wie die mit einem Apfel. Wenn Du wissen willst, wie er schmeckt, musst du hineinbeißen. Versuche es! Oder bist du in deinem Alter zu einer ungezwungenen Begegnung nicht mehr fähig? Ich gebe Dir die Chance! Wer garantiert, dass es kein saurer Apfel ist, in den ich beiße? Von sauren Äpfeln habe ich schon zu viele gekostet! Außerdem solltest du die Rollen nicht vertauschen! Hat nicht Eva Adam den Apfel gereicht? Aus Deinem langen Mail spricht die Arroganz eines "Gottes in Weiß". Süß-saure Grüße Aus meinen Mails spricht die Erfahrung eines Psychiaters, keine Arroganz! Oh, Psychiater! Du interessierst mich. Wie kommt Eva an Adam heran, ohne ihre Identität preiszugeben? Paradies für ein erstes Rendezvous gibt es leider keines mehr. Komm zu mir in die Ordination! Du forderst mich heraus! Ruf an!

Ich konnte es nicht glauben, da bekam ich tatsächlich die Nummer zugeschickt. Es war leicht, über die Ärzteplattform herauszufinden, WER der Herr war. Bei dem Telefonat gab er sich überheblich, erwähnte alle seine Titel, erzählte von den vielen Studentinnen, die ihm "zu Füßen liegen". Seine Position beeindrucke immer, es sei leicht Mädchen zu verführen, leider seien sie ungebildet und wissen nicht, wer Zweig, Verdi oder Renoir waren. Lieber wäre ihm eine gebildete Frau mit Erfahrung, allerdings: Frauen ab 40 hätten Orangenhaut, dazu ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl, sie würden ihm nicht mehr "untertan" sein wollen.

Fassungslos, teils belustigt hörte ich zu, zuletzt wollte er mich in sein Liebesnest mit Springbrunnen, Aula und Kunstsammlung einladen.

Ich beendete das Gespräch, in dem ich ihn beim Namen nannte und meinte, ich wolle einen 55 keinen 67 jährigen Liebhaber. Da verlor er die Contenance, schrie ins Telefon: Wer sind sie? Ich befehle ihnen, mir den Namen zu nennen!

Ich wünschte ihm alles Gute und legte auf.

 

Wie es seiner Frau geht? Kann sie selbst bestimmt leben, oder halten Luxus, Status und Gewohnheit sie bei diesem Mann?

 

Dies Geschichte ist auch in ihrer Langform erhalten. Siehe: Der Psychiater